Ein Hund ist kein Kind? – Warum Respekt keine Abstufung kennt
- hundplusherz
- 27. Apr.
- 3 Min. Lesezeit

Auf Instagram habe ich darüber gesprochen, dass meine Hündin für mich denselben Stellenwert hat, den auch ein Kind in meinem Leben hätte. Das hat einige Menschen sehr provoziert.
„Ein Hund ist niemals gleichwertig mit einem Kind“, hieß es.
„Sowas kann nur jemand sagen, der keine Kinder hat.“
Aber: Respekt misst sich nicht an Beinen, Hautfarbe, Flügeln oder Fell. Und Verantwortung misst sich nicht daran, wie bequem sie für uns ist.
Wer ein Tier in seine Familie aufnimmt, übernimmt Verantwortung — genauso ernsthaft, wie für ein Kind. Nicht weil ein Hund ein “Ersatz” wäre. Sondern weil jedes Lebewesen eine eigene Würde hat. Weil Mitgefühl und Respekt nicht daran geknüpft sind, was wir an einem Wesen „brauchen“.
Viele tun sich schwer damit, anderen Lebewesen Gleichwertigkeit zuzuerkennen. Denn echte Gleichwertigkeit heißt: wir müssten unsere Haltung, unser Verhalten, unsere Bequemlichkeit hinterfragen.
Es ist leichter zu sagen: „Es ist nur ein Tier.“
So, wie es einmal leichter war zu sagen: „Es ist nur ein Sklave.“
So, wie es heute noch zu oft leichter ist zu sagen: „Es ist nur ein Schwein, nur ein Rind, nur ein Fisch.“
Ich glaube nicht an Abstufungen von Wert. Ich glaube an Respekt. An Mitgefühl. Und an Verantwortung. Und genau das bin ich meiner Hündin schuldig. Genau das sind wir allen Lebewesen schuldig.
Vielleicht ist heute ein guter Moment, kurz darüber nachzudenken, was für uns wirklich zählt.
Aber warum fällt es uns eigentlich so schwer, Tieren die gleiche moralische Würde zuzugestehen wie Menschen? Warum tun wir uns so leicht damit, andere Lebewesen herabzustufen?
Die Antwort liegt in einem System, das wir selten hinterfragen – und das doch unseren Alltag prägt:
Speziesismus.
Speziesismus bezeichnet die moralische Diskriminierung von Lebewesen ausschließlich aufgrund ihrer Artzugehörigkeit. Das bedeutet: Das Leben oder Leid eines Wesens wird weniger stark berücksichtigt, nur weil es nicht zur Spezies Mensch gehört.
Viele Begriffe, die wir für Menschen verwenden, verändern wir für Tiere – häufig mit abwertender Wirkung:
MENSCH - TIER
sterben - verenden
getötet werden - jagdlich entnommen werden
schwanger - trächtig
essen/trinken - fressen/saufen
Gemeinschaft - Herde, Bestand
Leichnam - Kadaver
Liebe (zB Mutterliebe) - Instinkt (zB Mutterinstinkt)
(Quelle: VGT Austria)
Diese sprachliche Trennung spiegelt eine tief verankerte Sichtweise wider: Tiere gelten als minderwertig, als etwas anderes, als weniger wichtig.
Doch was macht ein Schwein schlechter als einen Hund? Was macht ein Huhn schlechter als einen Menschen? Was macht überhaupt ein Wesen besser als ein anderes?
Die Antwort ist: nichts. Kein Tier ist besser – und kein Mensch.
Erst wenn wir bereit sind, diese Haltung zu hinterfragen, können wir sehen, was in Tieren wirklich steckt. Ihre Intelligenz, ihre Bedürfnisse, ihre Gefühle. Ihre Persönlichkeit. Ihre Würde.
Es beginnt bei der Sprache, geht über unsere Erwartungen und endet bei der Frage: Was trauen wir Tieren überhaupt zu? Und was gestehen wir ihnen ab?
Denn: Nur wenn wir unsere Einstellung gegenüber Tieren verändern, können wir ihre wahre Bedeutung erkennen – und ihnen den Platz in unserem Leben geben, den sie verdienen.
Doch unsere Einstellung ist nicht einfach nur ein Gedanke. Sie ist das Fundament unseres Handelns. Das, worauf unser Verhalten, unser Umgang und unsere Entscheidungen aufbauen. Erst wenn wir aufhören, uns über andere Tiere zu stellen, sind wir bereit für eine echte Beziehung zu ihnen. Eine Beziehung auf Augenhöhe. Eine Beziehung, die trägt.
Und genau darum geht es in unserer alltäglichen Begegnung mit dem Hund: Es geht nicht nur um Training. Es geht nicht nur um Regeln oder Kommandos. Es geht um ein tiefes Verständnis. Um Respekt. Um Vertrauen.
Wenn du dir einen loyalen, aufmerksamen und verlässlichen Begleiter wünschst, dann darfst du nicht nur, ich bin sogar der Meinung du musst ihm auch denselben Stellenwert geben, den du einem Menschen geben würdest. Nicht, weil du ihn vermenschlichst – sondern weil du ihn ernst nimmst.
Deine Einstellung ist der Anfang von allem. Sie entscheidet, wie euer Alltag aussieht. Wie sich euer Miteinander anfühlt. Ob dein Hund sich verstanden fühlt – und ob du bereit bist, ihn wirklich kennenzulernen.
Denn das größte Geschenk, das du deinem Hund machen kannst, ist nicht Gehorsam. Sondern Würde.
Comments