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Soll ich meine Hündin kastrieren lassen?

  • hundplusherz
  • 13. Mai 2022
  • 8 Min. Lesezeit


Es ist mal wieder so weit. Cassie ist läufig und ich muss ihr hinterherputzen. Wird höchste Zeit über den nächsten Schritt nachzudenken. Aber schauen wir uns das vorher genauer an.

Es geht um ein umstrittenes Thema, dass wichtiger nicht sein könnte: die Kastration. Schaut man sich in gewissen Foren um und spricht man mit Tierärzten wird leider sehr schnell klar: es wird hier vollkommen kopflos über den Körper und das Leben des Hundes entschieden, ohne dass es für diesen schweren Eingriff überhaupt einen nachvollziehbaren Grund gibt. Und das obwohl es laut deutschem Tierschutzgesetz ja eigentlich verboten ist. Die meisten Menschen wissen gar nicht was eine Kastration für den Hund bedeutet und was es letztendlich anrichten kann.

Fehlende Aufklärung

Es wundert mich aber auch nicht. Denn die notwendige Aufklärung bleibt größtenteils aus. Sogar seitens der Tierärzte. Ich habe es selbst getestet. Ich hab für Cassie und mich einen Kennenlerntermin bei einer uns noch unbekannten - aber gut bewerteten - Tierärztin ausgemacht. Wir haben ausgiebig gesprochen, sie hat Cassie langsam und sehr behutsam kennengelernt und sich extrem viel Zeit für uns genommen. Sie hat ihre Daten aufgenommen und Cassie wurde von Kopf bis Fuß durchgecheckt.

Fazit: Cassie ist eine junge und gesunde Hündin. Dennoch hat es nicht lang gedauert, bis die Tierärztin die Frage stellte, warum Cassie nicht kastriert ist. „Haben Sie vor mit Cassie zu züchten? Denn wenn nicht, warum ist sie noch nicht kastriert? Sie ist doch schon fast 4 Jahre alt.“ …. ähm, Entschuldigung? Cassie ist ein gesunder Hund - das haben wir doch gerade eben festgestellt - ausgeglichen und entspannt ist sie auch… warum genau soll ich sie bitte kastrieren lassen?


Gesäugetumor

Ihre Antwort war klar. Wenn man sich durch diverse Foren und Beiträge klickt, erhält man auch hier dieselbe Antwort: Gesäugetumor, auch als Mammatumor bekannt. Mit jeder Läufigkeit wächst das Risiko, dass die Hündin an einem Gesäugetumor erkrankt. Dieses Risiko soll durch das Entfernen der Eierstöcke minimiert werden. Manchmal wird sogar zusätzlich die Gebärmutter entfernt, denn ohne Gebärmutter auch keine Gefahr für eine Gebärmuttervereiterung. Ja, klar, logisch. Ganz nach dem Prinzip: lasse ich mir die Brüste amputieren, laufe ich auch nicht Gefahr an Brustkrebs zu erkranken.

1. Läufigkeit

Es gibt einen ganz erschreckenden „Trend“. Und zwar die Hündin so früh wie möglich - also noch vor ihrer ersten Läufigkeit - kastrieren zu lassen. Damit soll das Risiko einen Gesäugetumor zu bekommen komplett ausgeschlossen werden. Auf einer „Tierfreund-Seite“ habe ich gelesen „Bei Kastration vor der 1. Läufigkeit sinkt das Risiko fast auf null, für die Lernfähigkeit soll es allerdings besser sein, erst nach der 1. bzw. 2. Läufigkeit zu kastrieren.“ …Das ist einfach verrückt. Wie darf es überhaupt sein, dass Informationen wie diese verbreitet werden wenn es doch eigentlich gar nicht erlaubt ist. Darüber hinaus wird den Menschen auch noch ganz selbstverständlich zu sowas geraten! Und ganz allgemein: Wo bleibt die nötige Aufklärung zum Thema Läufigkeit?

Entwicklung

Die Läufigkeit ist für die Entwicklung einer Hündin essenziell. Nur damit schafft sie den wichtigen Schritt ins Erwachsenwerden. Nimmt man ihr durch eine Kastration vor der ersten Läufigkeit diese Möglichkeit, ist das einfach nur eins: extrem unfair. So wird die Hündin für immer in ihrem jugendlichen Wesenszustand feststecken. Und das ist weder cool noch ist es in Ordnung. Damit macht man seinen Hund zum Außenseiter, der von anderen Artgenossen aufgrund seiner Unreife und ewigen Jugendlichkeit niemals ernst genommen wird.


Wesen

Was passiert nun mit dem Wesen einer Hündin nach einer Kastration? Die Annahme, dass sich eine Kastration positiv auf das Wesen der Hündin auswirkt, ist mit extremer Vorsicht zu genießen. Es kann sein, dass sich das Wesen ändert, es muss aber nicht unbedingt eine positive Änderung sein. Bei einer Kastration wird die Östrogen Produktion zwar gestoppt, das Testosteron steigt allerdings. Ist eine Hündin zB von Natur aus schon etwas burschikoser oder grummeliger, so hat sie nach einer Kastration Testosteronüberschuss und das grummelige wird in ihrem Charakter nun noch mehr betont. Es kann also durchaus sein, dass die Hündin nach der Kastration anderen Artgenossen gegenüber etwas gemeiner und unverträglicher wird.

Im Übrigen gilt: Wer vor einer Kastration nicht mit seinem Hund klarkommt, wird das danach auch nicht. Wenn ein bestimmtes Verhalten nicht ausschließlich und nachweislich (!) auf die Sexualhormone zurückzuführen ist, wird eine Kastration das Wesen des Hundes rein gar nicht verändern.

Ungewollte Trächtigkeit

Das ist neben dem Gesäugetumor tatsächlich der häufigste Grund für eine Kastration! (Kopfschütteln) ….Nein. Tut mir leid, aber hier hört mein Verständnis komplett auf. Ich bin mir zu 100% sicher, dass das Leute machen, die einfach keine Lust haben ihren Hund konsequent zu erziehen und nicht gewillt sind 2x jährlich für ein paar Tage ihrer Hündin und der Umgebung eine Extraportion Aufmerksamkeit zu schenken. Eine ungewollte Trächtigkeit lässt sich leicht verhindern. Glaub mir. Und weißt du was? Ich vertraue Cassie sogar während ihrer Läufigkeit so sehr, dass ich sie selbst dann ohne Leine führe. Das einzige was mich letztendlich daran hindern würde, sind die unerzogenen, unkontrollierten Hunde respektloser Menschen, welche ich aber so oder so immer auf Abstand halte - koste es was es wolle. Eine ungewollte Trächtigkeit als Kastrationsgrund zu wählen ist nichts anderes als pure Gemütlichkeit des Halters. Das sind wahrscheinlich auch diejenigen, die sich zu gut dafür sind Bluttröpfchen vom Boden aufzuwischen…. Aber he auch hier gibt es eine Lösung. Cassie bekommt an ganz besonders starken Tagen immer wieder eine Hundewindel angezogen.

Coaching

Willst du deinem Hund auch so sehr vertrauen können, dass ihr alles ohne Leine machen könnt? Hierfür biete ich ein persönliches Coaching an. Melde dich einfach per Mail für ein unverbindliches Erstgespräch.


Scheinträchtigkeit

Auch ganz beliebt um eine Kastration rechtzufertigen. Selbst die liebe Tierärztin hat das als Pro-Grund genannt. Leider ist den wenigsten Menschen bewusst (es wird aber auch nicht aufgeklärt!), dass eine Scheinträchtigkeit etwas vollkommen natürliches ist. Im Grunde wird jede Hündin nach der Läufigkeit scheinträchtig. Bei manchen fällt es mehr auf, bei anderen weniger. Dies ist ein ganz ursprüngliches Verhalten. Es hat den Zweck, dass innerhalb eines Rudels Welpen auch von anderen Hündinnen durch dessen Milcheinschuss ernährt werden können, falls die Mutterhündin aus irgendeinem Grund ausfällt. Wie genial ist das bitte? Und wie toll und unvoreingenommen sind Tiere? Wir Menschen hingegen tun ständig alles mögliche um uns gegenseitig zu zerstören … und nicht nur das, wir zerstören auch noch aus egoistischen, dummen und nicht nachvollziehbaren Gründen die Natur unserer treuen Weggefährten…

Bei jeder Hündin zeigt sich die Scheinträchtigkeit anders und in unterschiedlichem Ausmaß. Während es bei manchen nicht mal auffällt, tendieren andere wiederum dazu Stofftiere oder andere Gegenstände zu horten und zu bemuttern. Aber selbst das ist für mich keine gerechtfertigte Begründung um meinem Hund einen solchen Eingriff zuzumuten. Jeder sollte seinen Hund so gut kennen wie ich meine Cassie. Wenn ich weiß, dass sie nach der Läufigkeit zu einem solchen Verhalten tendiert, dann gestalte ich diese Zeit doch bereits von Anfang an möglichst angenehm für sie und räume zB alle „gefährlichen“ Gegenstände weg. Ganz einfach. Ich lenke sie mit ausgiebigen Spaziergängen ab und bin für sie da. Kein Grund sie gleich aushöhlen zu lassen.

Wenn eine Hündin durch ihre Scheinträchtigkeit nachweislich in eine Depression fällt oder andere ernstzunehmende gesundheitliche Probleme auftreten, dann ist das natürlich was ganz anderes.


Nachteile

Ja… es gibt auch noch explizite Nachteile einer Kastration. Darüber informiert dich nur keiner gern. Nicht nur psychische Entwicklungsrückstände können die Folge sein, sondern eine Kastration kann sich auch negativ auf die Entwicklung der Organe und Knochen auswirken und das kann schwere Konsequenzen mit sich tragen.

Inkontinenz

Eine der häufigsten Nebenwirkungen einer Kastration ist die Harninkontinenz. Sie kann direkt nach dem Eingriff oder aber erst Jahre später auftreten. Betroffene Hunde können sowohl im Schlaf- als auch im Wachzustand kleinere bis größere Mengen an Urin verlieren. Dies passiert durch einen unvollständigen Verschluss der Harnröhre. Durch den Wegfall der Geschlechtshormone werden bestimmte Nervensignale nicht mehr richtig übersetzt, der Blasenschließmuskel erschlafft und es kommt zum Harntröpfeln. Neben der Tatsache, dass das für den Besitzer sicher nicht so spaßig ist, ist es vor allem für den Hund extrem belastend. Aber keine Sorge! Zum Glück gibt’s spezielle Medikamente zur lebenslangen Behandlung - diese sorgen dafür, dass durch eine bestimmte Stimulierung des Nervensystems die Muskulatur zum Verschluss der Harnröhre wieder besser funktioniert — ist also halb so wild, gibt gegen alles Medikamente. Achtung, Sarkasmus!

Schilddrüsenunterfunktion

In Zusammenhang mit einer Kastration wird auch immer häufiger eine Schilddrüsenunterfunktion festgestellt. Kein Wunder. Eine Kastration führt zu einem Abfall der Schilddrüsenhormonkonzentration und dies wiederum kann zu einer Verstärkung der Symptome einer Hyperthyreose führen. Durch die verminderte Stoffwechselrate kommt es zB zu einer Beeinträchtigung der geistigen Fähigkeiten, Verminderung der Herzfrequenz und einer geringeren Körpertemperatur. Die häufigsten Symptome sind Müdigkeit, Gewichtszunahme, Hautprobleme, Kälteintoleranz und sogar Veränderungen des Nervensystems können auftauchen. Eine Hyperthyreose lässt sich zwar wie beim Menschen durch die lebenslange Einnahme von Medikamenten relativ gut in den Griff bekommen, aber warum genau sollte man sowas denn aufgrund einer Kastration riskieren?

Veränderung des Fells

Bei langhaarigen Hunden führt eine Kastration zu Fellveränderungen. Durch den Mangel an Geschlechtshormonen kann es zu einem vermehrten Wachstum der Unterwolle führen. Das Fell verliert dann oft an Glanz und bekommt die Textur eines plüschigen Welpenfells. Das ist nicht nur ein optischer Nachteil sondern lässt sich auch nur schwer pflegen. In seltenen Fällen kann es auch zu hormonell bedingtem Haarausfall an den Flanken kommen.

Trägheit

Es wird den Menschen als ganz normal vermittelt, dass ein Hund nach der Kastration träge wird und zu Übergewicht tendiert. Die Wahrheit ist: Ein kastrierter Hund hat schlichtweg einen geringeren Energiebedarf als vorher. Viele wissen das nicht und adaptieren dementsprechend auch nicht die tägliche Futterration. Der Bewegungsumfang bleibt aber erfahrungsgemäß gleich oder verringert sich sogar und so entsteht ganz schnell und ganz leicht Übergewicht. Und was passiert mit dicken, übergewichtigen Hunden? Genau. Sie werden träge. Und demzufolge auch ruhiger. Die Leute glauben dann leider, dass die Kastration den gewünschten positiven Nebeneffekt gebracht hat und der Hund vom Wesen ruhiger geworden ist. ja…. toll dass er jetzt ruhiger ist. Aber das ist er, weil er träge ist und träge ist er, weil er dick ist. Ein gefährlicher Teufelskreis - welcher sich aber ziemlich leicht verhindern lassen würde.

Andere Krebserkrankung

Neue Studien belegen, dass kastrierte Hunde sogar öfter an Krebs erkranken. Vor allem erkranken sie vermehrt an Milztumoren und sterben im schlimmsten Fall auch daran. Spätestens jetzt sollte uns das doch zu denken geben.

Ist es das wert?

Nur weil man mit einem Eingriff etwas bestimmtes wie einen Gesäugetumor vermeiden möchte, schützt das nicht vor anderen Krankheiten. Oder noch schlimmer: man handelt sich dadurch erst andere Krankheiten ein. Stell dir das mal vor. Dann bist du auch noch selbst schuld, dass dein Hund erst recht Krebs bekommt oder sein restliches Leben lang mit Beschwerden und Einschränkungen leben muss… Willst du das riskieren?

Geldmacherei

Es ist so schwierig sich bei diesem Thema wirklich professionelle und individuelle Meinungen einzuholen. Ich hab es bei meinem Tierarzt-Test selbst gemerkt. Die von mir getestete Tierärztin hat durch ihren liebevollen und geduldigen Umgang mit Cassie mein Vertrauen gewonnen. Umso erschreckender war für mich ihre Meinung zum Thema Kastration. Und spätestens hier war mir klar, dass sie noch so liebevoll mit Tieren umgehen kann - am Ende kommt’s halt leider immer nur darauf an wie laut die Geldkasse klingelt. Denn von einer so leichtsinnig durchgeführten Kastration profitiert am Ende immer nur einer: Der Tierarzt.

Eingriff in die Natur

Eine Kastration ist ein sehr persönliches Thema. Und zwar in jeglicher Hinsicht. Es gibt keine pauschale Antwort und muss von Hund zu Hund individuell entschieden werden. Es ist ein grober Eingriff in die Natur. Ein Eingriff der nicht ohne Folgen bleibt. Natürlich kann es durchaus Sinn machen eine solch lebensverändernde Entscheidung für seinen Hund zu treffen. Allerdings gelten hierfür meiner Meinung nach nur nachweisliche gesundheitliche Gründe. Gründe, weshalb der Hund ohne diesen Eingriff in seinem Leben negativ beeinträchtigt wäre und es wirklich keine andere Option gibt. Aber sicher nicht aus Gemütlichkeit, Egoismus oder weil man glaubt dies würde eine konsequente Erziehung ersetzen. Auch Angst vor möglichen Erkrankungen oder einer ungewollten Trächtigkeit darf kein Grund für einen solch massiven Eingriff in die Natur sein. Wenn dich die Frage Für oder Gegen eine Kastration beschäftigt, dann bitte, bitte kümmere dich aktiv darum dich ordentlich zu informieren, lass dir nichts einreden, hinterfrage alles was du liest und hörst. Und allem voran: Hinterfrage warum das für dich überhaupt Thema ist.


Wie ist deine Meinung zu diesem Thema? Erzähl uns davon in den Kommentaren!




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